Es ist Januar, 04:30 Uhr morgens und -4°C. Ich bin auf dem Weg zum Flughafen, um zunächst von Hamburg nach Paris und dann weiter nach Kapstadt zu fliegen.
Seit Monaten fühle ich mich urlaubsreif und habe keine richtige Perspektive mehr. Der Urlaub bei Freunden soll das möglichst ändern.

Ich sitze später am Gate und versuche einen Blick auf die Mondfinsternis zu ergattern. Der Erdschatten schiebt sich langsam vor den Mond, aber mehr als einen Haps bekomme ich nicht zu sehen. Zeit für Boarding. Ich habe einen Gangplatz.

Neben mir sitzen zwei Männer, die sich angeregt und sehr laut über verschiedene Dinge unterhalten. Ich bin wirklich kein Morgenmensch und um diese Uhrzeit quäle ich mich normalerweise aus dem Bett. Es ist nun zwischen 06:00 und 07:00 Uhr. Für mich ist das viel zu früh, um auch nur ein einziges Wort zu sagen. Die Männer unterhalten sich über Mode und zeigen sich Bilder auf dem Handy. Ich höre schon seit einer Weile Musik, obwohl ich eigentlich nur meine Ruhe haben möchte. Sie reden lauter als meine Musik. Irgendwann flüchte ich auf die Toilette, um einen Moment der Stille zu haben. Bevor ich mich wieder setze, versuche ich von den Fenstern hinten im Flugzeug einen Blick auf den Mond zu erhaschen. Der müsste nun blutrot sein oder sich langsam wieder weiß färben. Der Flugbegleiter sieht meinen Blick und fragt, was ich mache. Er ist Franzose und ich versuche ihm auf Englisch von der Mondfinsternis zu erzählen. Es dauert eine Weile, bis er versteht, was ich meine. “Should I ask the captain where the moon is?” Ich lehne dankend ab und setze mich wieder hin. Zehn Minuten später kommen er und seine Kollegin den Gang entlang und sind offensichtlich auf der Suche nach jemandem. Ich gebe ihnen zu verstehen, dass sie wahrscheinlich mich suchen. Irgendwie habe ich das in dem Moment im Gefühl. Die Flugbegleiterin fragt “”Was it you who asked about the moon?” Ja, ich war das. “Would you like to take a look at the moon from the cockpit?”

Wow.

Seit dem 11. September und erst recht seit dem Germanwings-Absturz dürfen Fluggäste in der EU nicht mehr ins Cockpit. Der Nachbar meiner Eltern ist Pilot und ich erfahre später, dass er nicht mal seine eigene Mutter mit ins Cockpit nehmen dürfte, selbst wenn er wollte. Das ist absolut verboten.

Ich kämpfe mit meinem Gurt, dem Kopfhörerkabel und meinem Handy. Die Flugbegleiterin versucht mir ein Foto vom Mond auf ihrem Handy zu zeigen und sagt, dass das nicht so gut ginge. Ich will gar nicht erst versuchen ein Foto zu machen und lasse mein Telefon auf meinem Sitz liegen. Wir gehen gemeinsam nach vorn, sie zieht den Vorhang hinter uns zu. Sie tippt eine Zahlenkombination auf einem Gerät ein, wir warten einen Moment und dann öffnet sich die Tür zum Cockpit. Pilot und Co-Pilot heißen mich willkommen, erklären mir, wo die Sonne aufgeht und wo ich den Mond sehen kann. Ich muss mich hinknien, um ihn wirklich sehen zu können. Da ist er – rot, schön, mit einem weißen Streifen. Nach einer kurzen Unterhaltung über die Häufigkeit der Mondfinsternisse atme ich noch einmal tief ein und aus und mache mich zum Gehen bereit. Wieder tippt die Flugbegleiterin den Code ein, schaut auf das Kamerabild vor der Tür und diese öffnet sich.
Ich kann mein Glück kaum fassen, als ich zurück zu meinem Platz gehe.

Als ich mich wieder setze, weiß ich, dass dieses Erlebnis eine neue Ära in meinem Leben einläutet. Dass mir ab jetzt Türen geöffnet werden, die niemand anders öffnen oder schließen kann.

Dieses Erlebnis werde ich definitiv niemals vergessen. Und ist nur der Anfang dieses Urlaubs.

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