Offensichtlich haben wir uns bei der Feuerwerksfahrt gut benommen, denn der Schlepperkapitän sagt mir zu gern mal wieder mitfahren zu dürfen – auch gern am nächsten Tag, falls ein Job während der Auslaufparade anfällt. Er würde sich melden.
Das tut er dann auch gleich am nächsten Morgen.

Die Einlaufparade habe ich mir vom Land aus angesehen und teils interessante Dinge dazugelernt, teils über den Moderator geschmunzelt. Der hatte nämlich erzählt, dass er während des Hafengeburtstags aufgrund der vielen niederländischen Segler, die begrüßt werden, nachts sogar von der niederländischen Hymne träumt. Und dann gibt es da diese Raddampfer, auf denen man in Hamburg Hafenrundfahrten machen kann. Aus seinen Kommentaren wird deutlich, dass er die so gar nicht leiden kann. Er versteht es aber durchaus, die am Ufer wartende und lauschende Menge zu unterhalten.

Bei der Auslaufparade selbst hat “mein” Schlepper keinen Job. Aber direkt danach ist er eingeteilt ein kleines Kreuzfahrtschiff durch den Hafen zu eskortieren. Das bedeutet für mich konkret, dass alle Schiffe der Auslaufparade mir entgegenkommen, während ich auf dem Schlepper stehe. Ich sehe sie alle aus nächster Nähe, während wieder einmal unglaubliche Menschenmassen an der Promenade stehen. Ich winke dem ein oder anderen Schiff freundlich zu und alle winken zurück. Schon etwas ungewöhnlich, dass eine junge blonde Frau auf so einem Kraftpaket durch die Gegend fährt. Ich genieße den Augenblick und das unglaubliche Glück, genau an dieser Stelle sein zu dürfen.

Es ist schon erstaunlich, wie weit mich diese eine mutige Frage am Anfang des Wochenendes gebracht hat.

Auf dem Heimweg passiert dann noch etwas Nennenswertes. Ich sitze an der Bushaltestelle und eine Gruppe jüngerer arabisch sprechender Menschen kommt dazu, in etwa 7-8 Mann und 2-3 Frauen. Sie mischen immer wieder deutsche Worte in ihr arabisch, sind fein angezogen und machen auch sonst keinen bedrohlichen Eindruck. Sie haben einfach ein bisschen Spaß und machen Quatsch. Der Bus kommt… und fährt vorbei. Drinnen stehen die Menschen den Gang voll – für uns ist kein Platz mehr. Ich mache mich also auf den Weg zur Fähre, denn ich habe heute keine Lust mehr weit zu laufen. Die Fähre fährt mir vor der Nase weg. Während ich da stehe und warte, kommt die arabische Gruppe auch irgendwann. Die nächste Fähre kommt und der Fahrer legt genau so vor mir an, dass ich die erste bin, die das Schiff betreten kann. Da ich früher am Tag schon einmal keinen Platz auf einer Fähre bekommen habe, bin ich sehr dankbar für diesen Moment und werfe ihm eine Kusshand zu. Er freut sich. Oben an Deck sind natürlich viele Leute. Vor mir sitzt ein junger Mann im Anzug, den ich mehrfach erwische, wie er mich anguckt und danach nervös an seinen Sachen zuppelt. Ich gucke absichtlich weg, aber die Botschaft kommt wohl nicht an. Irgendwann taucht er neben mir auf und versucht ein Gespräch anzufangen. Ich bin eigentlich aus Prinzip nett zu Menschen, die ihren Mut zusammenkratzen, um mich anzusprechen. Aber diese Situation ist mir äußerst unangenehm und ich mag nicht reden. Die Gruppe mit den netten arabisch sprechenden Menschen hat sich vor mir an den Tisch gesetzt. Ein Platz ist noch frei. Nach kurzem Zögern setze ich mich zu ihnen. Ja, das ist doch eher ungewöhnlich. Einer der Kerle begrüßt mich freundlich. “Hallo”. Ich erwidere. “Wir sprechen eine andere Sprache.” “Ja, Arabisch.” Alle freuen sich, dass ich das weiß. Ich zähle bis fünf auf Arabisch und sage, dass sie sich irgendwann auch über etwas mit “zu Hause” unterhalten haben. Das Gespräch nimmt seinen Lauf und ich erhalte eine Einladung zum Essen, die ich aber dankend ablehne. Der Typ, der mich ansprechen wollte, verschwindet irgendwann. Ich bedanke mich recht herzlich bei der Gruppe und erwähne kurz, warum ich mich zu ihnen gesetzt habe. Dem einen Klischee werden sie dann doch gerecht und fragen mit dieser ernsthaften, aber auch verspielten Mine, wo der Typ jetzt sei.

Ich denke, es gibt gewisse Schlüssel zum Herzen jedes Menschen. Bei Jens war es meine Freimütigkeit zu fragen. Beim Schlepperkapitän war es das gemeinsame Interesse an Südafrika – und sicherlich auch die Tatsache, dass mein Interesse an Schiffen so weit geht, dass ich eine App auf dem Handy habe, mit der ich sie verfolgen kann. Bei dieser Gruppe waren es meine Bemühungen zumindest Bruchteile ihrer Sprache zu verstehen. Diese Schlüssel öffnen dann Tür und Tor.
Was ist dein Schlüssel?

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